Impuls zum 31. Mai 2020
Von Monika Bossung-Winkler, Diözesanverband Speyer
Gottes Geist im Heiligen Land
Im Sommer 2016 nahm ich an einer Studienreise für Religionslehrer(innen) nach Israel/Palästina teil. Auf der Fahrt ins Westjordanland konnte uns unsere jüdische Reiseleiterin nicht begleiten, weil sie in den autonomen Palästinenser-Gebieten keine Führungen vornehmen darf. Aber sie kannte Ibrahim, einen palästinensischen Christen, der an diesen beiden Tagen unser Touristenführer sein würde, und meinte: „Er ist sehr nett.“
Am frühen Morgen fuhren wir mit Ibrahim zum Taufstätte Jesu am Jordan. Hier soll auch Joshua mit den Israeli-ten den Jordan überschritten haben. Nebenan der Berg der Versuchungen. Ein Ort von hoher Symbolik.
Der Fluss bildet die Grenze zu Jordanien. Zwei israelische Grenzsoldaten patrouillieren mit Maschinengewehren. Nicht unbedingt ein friedlicher Ort. Trotzdem, früh am Morgen strahlt er eine Spiritualität aus. Wir feiern einen Gottesdienst, an dem Ibrahim gerne teilnimmt. Die Soldaten machen es sich am Ufer gemütlich. Am meisten jedoch faszinieren mich die vielen Tau-ben, die hier am frühen Morgen unterwegs sind: Zufall? Absichtliche Touristenattraktion? Mir ist das egal: für mich sind sie der Heilige Geist. Gerade hier – wo Frieden noch so weit weg ist.
Bibeltext (Apg 2,1-13)
Als der Tag des Pfingstfestes gekommen war, waren alle zusammen am selben Ort. Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie sa-ßen. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nie-der. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab. In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel. Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Sie waren fassungslos vor Staunen und sagten: Seht! Sind das nicht alles Galiläer, die hier reden? Wieso kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören: Parther, Meder und Elamiter, Bewohner von Meso-potamien, Judäa und Kappadokien, von Pontus und der Provinz Asien, 10 von Phrygien und Pamphylien, von Ägypten und dem Gebiet Libyens nach Kyrene hin, auch die Römer, die sich hier aufhalten, Juden und Proselyten, Kreter und Araber - wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden. Alle gerieten außer sich und waren ratlos. Die einen sagten zueinander: Was hat das zu bedeuten? Andere aber spotteten: Sie sind vom süßen Wein betrunken.
Gedanken zum Text
Der Bibeltext sagt nicht, um welchen Ort es sich handelt, auch nicht, wer „alle“ sind. In Apg 1 ist von einem Haus mit „Obergemach“ die Rede, in dem die Apostel und Maria zusammenblieben. Danach aber auch von 120 Personen, die Matthias als Nachfolger für Judas wählen. Ein „Obergemach“ für 120 Personen muss schon recht groß sein. War es der Abendmahlssaal? So groß kam er mir bei unserem Besuch nicht vor. Vielleicht sind die Jünger Jesu an Pfingsten aber auch in DAS Haus gegangen, den Tempel. Denn unser Pfingsten ist ja das jüdische Schawuot, eines der großen Wallfahrtsfeste. Vielleicht hatten die Jünger Jesu – alle gläubige Juden - sich im Tempel versammelt, wohin dann auch die Menge strömen konnte. Auf alle Fälle erzählt uns dieser Text, dass Gottes Geist die Sprachbarrieren aufhebt. Damit ist nicht in erster Linie die Übersetzung von Fremdsprachen gemeint, sondern das gegenseitige Verstehen. Das ist leider nicht immer vorhanden, auch wenn man die gleiche Sprache spricht. Aber immer dort, wo diese Barrieren überwunden werden, ist ein friedliches Zusammenleben möglich. Dies zu schaffen, ist unsere Aufgabe als Christen – auch im Heiligen Land.
„Tor zum Leben“
Am Ende unserer Reise besuchen wir in Beit Jala – ein Nachbarort von Bethlehem – das Zentrum von „Life-Gate“, einer NGO, die Kindern mit Behinderungen im Westjordanland den Weg in ein selbstbestimmtes Leben eröffnen möchte. Die Kinder und Jugendlichen werden von der Frühförderung bis zur Berufsausbildung beglei-tet, die hauseigene Werkstatt fertigt für sie therapeutische Hilfsmittel an, Eltern werden im Umgang mit ihrem Kind geschult, sogar ein kleines Gästehaus konnte letztes Jahr eröffnet werden. „Wir haben auch gute Bezie-hungen zu den Krankenhäusern in Jerusalem aufbauen können, weil wir Christen sind. So gelingt es uns, auch für muslimische Kinder notwendige Behandlungen zu bekommen.“ In seinem Rundbrief jetzt im Mai erzählt der Leiter von Life-Gate, dass er es trotz der Abriegelung der Westbank gelungen ist, eine 12jährige Skoliose-Patientin, deren Stab an der Wirbelsäule sich gelöst hatte, im Bus von Life-Gate zur Notfall-Operation ins Kran-kenhaus nach Israel zu transportieren.
Gottes Geist schafft Beziehung
Am letzten Abend feiern wir im Salon des Hotels in Bethlehem ein Abschiedsfest. Auch unsere beiden Reiselei-ter sind dabei – Chefzi, die Jüdin und Ibrahim, der Palästinenser. Sie teilen den gleichen spitzfindigen Humor, sie lieben die heiligen Stätten in ihrem Land und freuen sich, ihr Wissen an uns weiter zu geben. An diesem Abend in Bethlehem ist ein bisschen von dem spürbar, was Gottes Geist bewirken kann: gegenseitiges Kennen-lernen, Beziehung, Gemeinschaft – alles Voraussetzungen für den Frieden.
Wir bitten um Gottes Geist im Heiligen Land
Wir beten für die Menschen in Palästina und Israel, die unter den Corona-Einschränkungen besonders gelitten haben, z.B. weil sie ihr ohnehin schlechtes Einkommen auch noch verloren haben.
„Sende aus Deinen Geist - und das Antlitz der Erde wird neu.“
Wir denken an die Kinder mit Behinderungen in Israel und Palästina, die wochenlang nicht zur Therapie kommen konnten und in ihrer Entwicklung zurück geworfen wurden.
„Sende aus Deinen Geist – und das Antlitz der Erde wird neu.“
Wir beten für die Menschen in Friedensinitiativen in Palästina und Israel, an Projektpartner von paxchristi und an alle, die Hass und Feindschaft überwinden wollen.
„Sende aus Deinen Geist - das Antlitz der Erde wird neu.“
Wir denken an die Menschen in Nicht-Regierungsorganisationen in Israel und Palästina und an die Religionsgemeinschaften, die im Moment in finanziellen Nöten sind und nicht wissen, ob sie ihre Arbeit für den Frieden fortsetzen können.
„Sende aus Deinen Geist – und das Antlitz der Erde wird neu.“
Wir beten für die Corona-Kranken und -Toten in Palästina und Israel, die nicht rechtzeitig medizinische Hilfe er-halten haben.
„Sende aus Deinen Geist – und das Antlitz der Erde wird neu.“
Wir fassen unsere Bitten in dem Gebet zusammen, das Jesus uns selbst gelehrt hat:
Vater unser im Himmel …