Impuls zum 14. November 2021
Von Dr. Ursula Schell, pax christi-Mitglied, Augsburg
Das Ende ist nahe
Alle Texte der Sonntage im November greifen immer wieder die Endzeitthematik auf und machen deutlich, dass Leben zerbrechlich und endlich ist. Auch die verschiedenen Gedenktage rücken die Zerbrechlichkeit und den Tod in den Mittelpunkt.
- Allerseelen, Totensonntag, Volkstrauertag, Christkönigssonntag stellen sich der Endlichkeit des Lebens, laden uns zur Erinnerung an Menschen ein, die uns nahestanden und versuchen in der Trauer mit ihren Ritualen Trost zu spenden.
- Das Gedenken an die Reichspogromnacht und der Aktionstag „Nein zu Gewalt an Frauen“ stellen sich den menschlichen Abgründen von Rassismus und Gewalt und versuchen durch die Erinnerung und das Bewusstmachen von Irrwegen, das „nie wieder…“ zu befördern.
Die steigenden Corona – Zahlen und der Klimagipfel im Glasgow machen uns zusätzlich auf andere Weise die Themen Endlichkeit und Zerbrechlichkeit bewusst. Doch wie reagieren wir auf diese „Endzeitthemen“ und „Endzeitstimmungen“?
- Ziehen wir uns ins Private zurück und bauen an unserer heilen kleinen Welt?
- Reagieren wir mit Angst und Depression und sehen für die Zukunft schwarz?
- Leugnen wir alle Fakten die uns in Frage stellen und die damit verbundenen Herausforderungen?
Auch der Text von diesem Sonntag, spricht von der Endzeit und dem endzeitlichen Kommen Christi (Mk 13, 24-32). Aber er will uns nicht ängstigen oder uns einlullen, er möchte uns vielmehr Hoffnung machen und ermutigen, ohne zu verleugnen, dass es Zeit wird etwas zu tun.
Als ich das Evangelium des Sonntags las, ist mir gleich eine Bildergeschichte in den Sinn gekommen. Sie zeigt einen Mann der mit seiner Aktentasche morgens das Haus verlässt und unterwegs einer Person mit einem Schild begegnet auf dem steht: „Das Ende ist nahe“. Er dreht daraufhin um, geht noch einmal nach Hause und gibt seiner Frau einen Kuss und geht dann erneut los.
Für mich ist die Geschichte ein gutes Beispiel, wie wir mit dem Thema „Das Ende ist nahe“ umgehen können. Wenn unser Leben endlich ist, müssen wir uns darauf besinnen was uns wirklich wichtig ist und unsere Phantasie, Kraft und Zeit dafür einsetzen.
Angesichts der Zerbrechlichkeit und Endlichkeit haben wir nicht unendlich viel Zeit. Wir werden eingeladen unsere Zeit zu nützen und nicht zu vertrödeln. Wir werden eingeladen unterschiedliche Bereiche anzuschauen und an den dort bestehenden Konflikten anzusetzen und für Versöhnung einzutreten.
Das beim Augsburger Friedensfest gestaltete Graffiti, zeigt auf, welche Bereiche versöhnt werden müssen:
- weiß und farbig
- weiblich und männlich
- jung und alt
- Natur und Technik
Sicher könnten diese Themen noch durch weitere ergänzt werden.
Auch die Gedenk- und Aktionstage und Wochen stellen Herausforderungen und Probleme in den Mittelpunkt, sie zeigen aber auch Wege und positive Ansätze für die Zukunft auf.
- Die Erinnerung an den Mauerfall und das Zusammenwachsen der beiden deutschen Hälften machen Mut, gewaltlos für Veränderungen einzutreten und sich zu engagieren.
- Das Gedenken an die Reichspogromnacht und der Aktionstag „Nein zu Gewalt an Frauen“ geben den Opfern einen Raum und Gesicht und ermutigen alle, sich engagiert und gemeinsam allen Formen von gesellschaftlicher Ausgrenzung und Gewalt entgegenzustellen.
- Die ökumenischen Friedenswochen rund um den Buß- und Bettag rücken die Konflikte und Kriege mit ihren Opfern und Flüchtlingen ins Blickfeld. Sie zeigen aber auch Wege des friedlichen Zusammenlebens auf und ermutigen uns, uns gemeinsam für eine friedliche Zukunft einzusetzen.
Dem ganzen November und allen Gedenktagen gemeinsam ist das Bewusstsein, dass menschliches Leben zerbrechlich ist und geschützt werden muss und es auch mit auf unser Engagement ankommt, wenn sich etwas ändern soll. Nicht immer werden wir diesen Herausforderungen gerecht.
Mich tröstet aber der Gedanke, dass Christus selbst zerbrechlich war und uns durch die Brüche unseres Lebens begleitet, das gibt mir und hoffentlich auch Ihnen Kraft für das Lebensspendende einzutreten und sich nicht entmutigen zu lassen.
Gott
DU bist der Boden auf dem wir stehen und der unserem Leben Halt gibt,
in DIR ist unsere Zerbrechlichkeit und unser Engagements aufgehoben.
Wir vertrauen darauf, dass DU uns durch die Höhen und Tiefen unseres Lebens trägst.
Fordere uns zum Leben und zur Lebendigkeit heraus
und bleibe uns in allen was wir tun als tragender Grund nahe.