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Impuls zum 10. April 2022

Zum Palmsonntag

Von Albert Hohmann (Föhren), pax christi Trier

Der andere König
Woher sollen wir in diesen desaströsen, gewalttätigen und menschenverachtenden Zuständen Zuversicht und Hoffnung nehmen? Wer kann die „Menschen im Dunkeln“, die Überflüssigen und Heimatlosen, die Ausgebeuteten und Versklavten, die Gequälten und Vernichteten, die Kriegstoten und zur Flucht gezwungenen und schließlich auch die Missbrauchten ermutigen und aufrichten? Letztere sind doppelt betroffen, weil sie durch Amtsträger der Kirche missbraucht und in ihr keinen Schutz erfuhren.

Casper Busse schreibt in der Süddeutschen vom 04.01.2022, dass eben in dieser Ungleichheit ein gefährlicher Trend für eine Gesellschaft, die ohnehin eher auseinanderdriftet und in der die Spannungen immer größer werden könnten, zu sehen ist: Corona hat die Unterschiede zwischen Reich und Arm auch in Deutschland anwachsen lassen und somit auch den Anteil der „Menschen im Dunkeln“. Ihr Leiden vergrößert sich.  Nicht nur unsere Gesellschaft und ihre Strukturen präsentieren sich so. Ähnlich gilt das genauso für das römische Reich oder die Zeit des Propheten Deuterosacharia (ca. 400 v.C.) Das gegenwärtige Kriegsdrama potenziert die Leidensgeschichte der Menschen noch zusätzlich.

Huub Oosterhuis hat dieses Leiden in einem Anruf Gottes zum Ausdruck gebracht (auch als Fürbitte):

„Wenn Du sprechen kannst, kannst Du auch hören.         
Höre alle, die nach Frieden rufen, wie um ein unmögliches Glück.           
Hör das Blut, das aus der Erde ruft, dass es umsonst vergossen ist.            
Hör die Sprachlosen, mundtot Gemachten, Gefolterten,            
wer denn nicht auf dieser Welt.          
Und alle, die am Leben keinen Anteil haben,  
die ihre Toten nicht einmal mehr zählen, so viele sind es schon“

Mit der Karwoche, mit der Liturgie zum Tod und der Auferstehung Jesu Christi tauchen wir tief in die Leidens- aber auch Hoffnungsgeschichte der Menschheit ein.

Schon das Evangelium vom Palmsonntag (Lk 19, 28-40; vgl Mt 21,1-1o; Mk 11,1-11) eröffnet einen neuen Horizont. Dort wird diese Geschichte erzählt:

„Nach dieser Rede zog Jesus weiter und ging nach Jerusalem hinauf. Als er in die Nähe von Betfage und Betanien kam, an den Berg, der Ölberg heißt, schickte er zwei seiner Jünger voraus und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt. Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort einen jungen Esel angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet ihn los und bringt ihn her! Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr ihn los?, dann antwortet: Der Herr braucht ihn. Die beiden machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte. Als sie den jungen Esel losbanden, sagten die Leute, denen er gehörte: Warum bindet ihr den Esel los?  Sie antworteten: Der Herr braucht ihn. Dann führten sie ihn zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Tier und halfen Jesus hinauf. Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf der Straße aus. Als er an die Stelle kam, wo der Weg vom Ölberg hinabführt, begannen alle Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Wundertaten, die sie erlebt hatten. Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Herrlichkeit in der Höhe!

Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, bring deine Jünger zum Schweigen! Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.“

Nach der Leidensgeschichte, die mit Jesu Tod am Kreuze endete, mussten die Jünger, die ersten Christen sich der Frage stellen, wer dieser Jesus von Nazareth, der so schmählich endete, eigentlich war. Antworten fanden sie im ersten Testament. Die Erzählung vom Einzug in Jerusalem ist geprägt durch den Vers 9,9 im Deuterosacharja, der vom Kommen des Königs der Gerechtigkeit und der Demut auf einem jungen Esel spricht.

Jesus erscheint in der Erzählung auf den ersten Blick als königlicher Herrscher. Auf sein Wort hin wird der Esel geholt, sein Wort muss dem Besitzer genügen. Die Kleider werden zum Ehrenteppich, was Bestandteil des Inthronisationsrituals war. Die Rufe der Festpilger preisen ihn als König, der im Namen des Herrn kommt. Aber es trügt, wenn man ihn unter die normalen Herrscher, die mit Macht ihre Völker regieren, einreiht. Wie es schon immer wieder in den Evangelien debattiert wird, geht es darum, welcher Messias Jesus ist, etwa König in der Nachfolge Davids als politischer Herrscher, als Anführer der Befreiung von der verhassten Römerherrschaft oder als Friedensfürst. Er ist nicht der König zum Herrschen, sondern der Demütige (vgl. auch Mt), der Gerechtigkeit und Befreiung bringt. Er reitet auf dem gewöhnlichen Lastentier und nicht auf dem „Hohen Ross“, dem Streit erprobten Pferd. Pilatus gibt Jesus zu verstehen, dass sein Königreich nicht von dieser Welt ist (vgl. Jo 28,36). Die Hoffnung auf einen Messias, der das Königreich Davids wiederherstellen würde, war auch zurzeit Jesu weit verbreitet. Er sollte mit Macht und Stärke Feinde und Unterdrücker vertreiben und den Menschen ein gutes Leben ermöglichen. Von derartigen Vorstellungen sind wir selbst manchmal geprägt, wenn wir zum Beispiel danach fragen, warum Gott solche Verhältnisse und solches Elend zulässt, warum er Diktatoren die Macht lässt, Menschen und Länder mit Krieg zu überziehen und gewaltsam zu töten.

Jesus hat allerdings einen anderen Weg gewählt. Der andere König Jesus wird von Festpilgern und seinen Anhängern bejubelt, aber der Einzug in Jerusalem bringt ihn in seine tiefe Leidensgeschichte bis hin zum Tod durch die Kreuzigung. Das römische Unterdrückungsregime und die jüdischen Potentaten können seinen Anspruch nicht zulassen. Damit taucht Jesus ganz in die gesamte Leidensgeschichte der Menschen ein. Immer noch tun sich die Verantwortlichen in der Kirche schwer, diesen Weg auch selbst zu gehen (vgl. die Rede des Vorsitzenden des Betroffenenbeirats (J.Norpoth) beim Synodalen Weg in Frankfurt. Das gilt aber grundsätzlich für die gesamte Struktur dieser Kirche, wie in der Reflexion zu den kirchlichen Strukturen in der Vorlage zum Thema Macht und Gewaltenteilung in der Kirche ausgeführt wird. So heißt auch dort zurecht: „Gerade weil diese Verdunkelung bis in den institutionellen Kern der Kirche hineinreicht, betrifft sie auch das verkündete und gelebte Gottesbild und damit den innersten Punkt jeder Evangelisierung. Anspruch und Wirklichkeit der Kirche müssen übereinstimmen.“ Statt eines Gottesbildes, das die „Hierarchie“ absegnet, ist der entgegengesetzte Weg zu ergreifen, nämlich die Nachfolge des anderen Königs.

Jesus ist bis aufs letzte solidarisch mit den Überflüssigen, Gequälten und Vernichteten. Da er darin von Gott angenommen wird, macht sichtbar, dass auch deren Leidensgeschichten nicht vergessen sind, dass ihrem Rufen Gehör verliehen wird.

Der Hymnus(2,6-11) der Lesung aus dem Philipperbrief erfasst die Erniedrigung und Bestätigung in seinen tiefsten Dimensionen:

5 Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Christus Jesus entspricht: 6 Er war Gott gleich, / hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein, 7 sondern er entäußerte sich / und wurde wie ein Sklave / und den Menschen gleich. / Sein Leben war das eines Menschen; 8 er erniedrigte sich / und war gehorsam bis zum Tod, / bis zum Tod am Kreuz. 9 Darum hat ihn Gott über alle erhöht / und ihm den Namen verliehen, / der größer ist als alle Namen, 10 damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen / vor dem Namen Jesu 11 und jeder Mund bekennt: / Jesus Christus ist der Herr / zur Ehre Gottes, des Vaters.

Jesus Christus ist der Herr, nicht weil das seiner angestammten Stellung und Würde, Gott gleich zu sein, entspricht, sondern weil er sich erniedrigte, Mensch wurde, so auch seine Menschlichkeit in den versklavenden Verhältnissen lebte und den Tod am Kreuz auf sich nahm.  Bei Oosterhuis finden sich dazu diese Worte:
„er (Jesus) hat nicht Macht begehrt, kein Ansehen wie ein Gott. Hat nicht, raubsüchtig, für sich selbst gelebt, sondern, was ihm gehörte, abgelegt, sich ausgekleidet, sich weggegeben und ist den Weg gegangen, und ist den Weg gegangen, der an den Rand des Abgrunds führt, in die Finsternis hinein.“

Sein Name Jesus bedeutet, dass Gott treu ist und befreit – wie er es in Jesus bereits getan hat. Oosterhuis sagt es so: „So ist er Mensch geworden, ein Gerechter und dies wurde sein Name; Sklave Jesus Menschenkind, Bild und Gleichnis des Herrn. Dass jetzt, wer ihn anschaut, sein Herz beuge und erkenne, dass im ganzen Himmel und auf Erden niemand den Namen Mensch verdient als er.“

Er ist Herr, weil er auf den Willen des Vaters hörend den letzten Platz als geschundener Mensch annahm. (vgl. die Lesung aus Deuterojesaja).

Der wahre Grund für den Titel Kyrios(Herr) und seine Verehrung ist sein Hören auf den Willen Gottes und sein Gehorsam.

Gebete
aus Psalm 118  
Meine Stärke und mein Lied ist der HERR;
er ist für mich zur Rettung geworden.
Schall von Jubel und Rettung / in den Zelten der Gerechten:
Die Rechte des HERRN, Taten der Macht vollbringt sie,  
Ich werde nicht sterben,
sondern leben, um die Taten des HERRN zu verkünden.
Der HERR hat mich gezüchtigt, ja, gezüchtigt,
doch mich dem Tod nicht übergeben.
Öffnet mir die Tore der Gerechtigkeit,
ich will durch sie hineingehen, um dem HERRN zu danken!
Ich will dir danken, dass du mir Antwort gabst,
du bist mir zur Rettung geworden.
Ein Stein, den die Bauleute verwarfen,  
er ist zum Eckstein geworden.
Vom HERRN her ist dies gewirkt,
ein Wunder in unseren Augen.
Dies ist der Tag, den der HERR gemacht hat;
wir wollen jubeln und uns über ihn freuen.
Gesegnet sei, der da kommt im Namen des HERRN!
Wir segnen euch vom Haus des HERRN her.
Gott ist der HERR.
Er ließ Licht für uns leuchten.
Tanzt den Festreigen mit Zweigen bis zu den Hörnern des Altars!
Mein Gott bist du, dir will ich danken.
Mein Gott bist du, dich will ich erheben.
Dankt dem HERRN, denn er ist gut,
denn seine Huld währt ewig!

Aus Psalm 146
Halleluja! Lobe den Herrn, meine Seele! /Ich will den Herrn loben, solange ich lebe, / meinem Gott singen und spielen, solange ich da bin.
Verlasst euch nicht auf Fürsten, / auf Menschen, bei denen es doch keine Hilfe gibt.
Wohl dem, dessen Halt der Gott Jakobs ist / und der seine Hoffnung auf den Herrn, seinen Gott, setzt.
Der Herr hat Himmel und Erde gemacht, / das Meer und alle Geschöpfe;
/ er hält ewig die Treue. Der Herr liebt die Gerechten, / doch die Schritte der Frevler leitet er in die Irre.
Der Herr ist König auf ewig, / dein Gott, Zion, herrscht von Geschlecht zu Geschlecht.

Aus Psalm 30
Ich will dich erheben, HERR / denn du zogst mich herauf
und ließest nicht zu, dass meine Feinde sich über mich freuen.
HERR, mein Gott, ich habe zu dir geschrien
und du heiltest mich.
HERR, du hast meine Seele heraufsteigen lassen aus der Totenwelt,
hast mich am Leben erhalten, sodass ich nicht in die Grube hinabstieg.
Singt und spielt dem HERRN, ihr seine Frommen,
dankt im Gedenken seiner Heiligkeit!

Lieder: Gotteslob
228 Tochter Sion freue dich;
280 Singt dem König Freudenpsalmen;
287 Christus war für uns gehorsam;

Segen (vgl. Psalm 67)
Gott sei uns gnädig und segne uns. Er lasse sein Angesicht über uns leuchten, damit man auf Erden deinen Weg erkenne, deine Rettung unter allen Völkern. Die Völker sollen dir danken, Gott, danken sollen dir die Völker alle.

 

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