Impuls zum 21. November 2021
Von Diakon Hope Rauguth, geschäftsführender Bundesvorstand pax christi
Christkönigsfest
Das jährliche Christkönigsfest löst bei mir immer wieder eine Reihe von widersprüchlichen Reaktionen aus. Die Monarchie, das Königtum kann doch heutzutage kein Idealbild einer Herrschaftsform zum Wohl der Menschen sein. Emanzipation, Partizipation, Demokratie sind doch unsere Ideale. Zudem erinnert die Metapher an unheilvolle Verquickungen von Religion und Politik. Denn auch das Christentum ist der Versuchung erlegen, die Mittel staatlicher Macht und Gewalt zur Durchsetzung seiner Interessen, Bedürfnisse und Ansprüche zu verwenden.
Andererseits gibt es bei mir auch die Sehnsucht nach einem Gegenbild, nach einem anderen „Reich“ der Liebe und der Wahrheit, die auch in dem Hochfest angelegt ist. Vereint ist für mich diese Widersprüchlichkeit in einem Lied von Otto Andreas und Balthasar Fischer vertont von Wilhelm Stockhausen, das sich im Trierer Eigenteil des Gotteslob findet und auch von mir immer wieder leicht triumphalistisch an Christkönig gesungen wird.
Lied Gotteslob 819 Trier Eigenteil
T: Otto Andreas/ Balthasar Fischer 1937/1955
M: Wilhelm Stockhausen 1914
Christus, König aller Zeiten, Christus, Herr auch unserer Zeit!
Christus, König aller Völker, Christus, Herr in Ewigkeit!
Deinem Königtum wir dienen, deinem Reich sind wir geweiht:
Christus Sieger, Christus Herrscher, Christus König aller Zeit!
Christus, König aller Zeiten, du hast uns aus Schuld befreit.
Warst Gott gleich, kamst auf die Erde, zum Gehorsam stets bereit.
Deinem Königtum wir dienen, deinem Reich sind wir geweiht:
Christus Sieger, Christus Herrscher, Christus König aller Zeit!
Durch dein Vorbild, deine Liebe, nahmst du selbst das Kreuz in Kauf.
Du bist nicht im Tod geblieben, stiegst verklärt zum Himmel auf.
Deinem Königtum wir dienen, deinem Reich sind wir geweiht:
Christus Sieger, Christus Herrscher, Christus König aller Zeit!
Herr, dein Reich ist Reich der Wahrheit. Gnade und Gerechtigkeit,
Reich des Friedens und der Liebe: Gottes Reich in Ewigkeit.
Deinem Königtum wir dienen, deinem Reich sind wir geweiht:
Christus Sieger, Christus Herrscher, Christus König aller Zeit!
Christus König, dir zu dienen, mach in Gnaden uns bereit;
denn dir dienen, heißet herrschen mit dir, Herr der Herrlichkeit.
Deinem Königtum wir dienen, deinem Reich sind wir geweiht:
Christus Sieger, Christus Herrscher, Christus König aller Zeit!
EVANGELIUM - JOH 18,33B-37
In jener Zeit
fragte Pilatus Jesus:
Bist du der König der Juden?
Jesus antwortete:
Sagst du das von dir aus
oder haben es dir andere über mich gesagt?
Pilatus entgegnete:
Bin ich denn ein Jude?
Dein Volk und die Hohepriester
haben dich an mich ausgeliefert.
Was hast du getan?
Jesus antwortete:
Mein Königtum ist nicht von dieser Welt.
Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre,
würden meine Leute kämpfen,
damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde.
Nun aber ist mein Königtum nicht von hier.
Da sagte Pilatus zu ihm:
Also bist du doch ein König?
Jesus antwortete:
Du sagst es,
ich bin ein König.
Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen,
dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege.
Jeder, der aus der Wahrheit ist,
hört auf meine Stimme.
Impuls zum Nachdenken
Jesus distanziert sich vor Pilatus vom Herrschertum eines Kaisers und dessen Gewalt- und Machtausübung (Mein Königtum ist nicht von dieser Welt). Unter Kaiser Konstantin wurde das Christentum dann aber zur Staatsreligion und damit begann auch eine unheilvolle Verflechtung, die das Verwenden der politischen König-Metapher in der christlichen Sprache gefährlich macht. Denn ab dieser Zeit war auch das Christentum der Versuchung erlegen, die Mittel staatlicher Macht und Gewalt zur Durchsetzung seiner Interessen, Bedürfnisse und Ansprüche zu verwenden.
Man gebrauchte Zwang und Gewalt gegen anders Denkende und Glaubende reichlich und skrupellos. Ein heiliges römisches Reich wurde errichtet, Kreuzzüge geführt, indigene Völker mit Gewalt zwangsgetauft, Menschen mit Drohungen und Folter gezwungen sich den Machtinteressen der Kirchen zu beugen, und die Vorstellung vom König von Gottes Gnaden entwickelt.
Mit Hilfe der Aufklärung konnte der Mensch aus dieser Bevormundung befreit werden. Auftrag von Glauben und Kirche ist, eine religiöse Botschaft zu verbreiten, die Menschen in völliger Freiwilligkeit übernehmen können oder auch nicht. Der Satz Jesu: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt“, darf nicht überlesen werden und religiöse Machtansprüche sind zu hinterfragen. Wichtig ist es, uns anlässlich des Christkönigsfestes jedes Jahr wieder darauf zu besinnen, dass es die Aufgabe von uns Christen ist für die Wahrheit Zeugnis zu geben. Dabei dürfen keine Mittel staatlicher oder auch psychologischer Gewalt angewendet werden. Wir haben nur die Kraft der Überzeugung, des gelebten Beispiels, des Dialogs und der Gewaltfreiheit. Damit werden wir bei den Menschen guten Willens, die spüren, dass wir eine befreiende, erlösende und frohe Botschaft bringen möchten, weiterhin Gehör finden. Tätige Nächstenliebe, Versöhnungsbereitschaft und die Fähigkeit, allen Menschen ihre Würde spüren zu lassen, brauchen keine Mittel staatlicher Gewalt, um wahrgenommen zu werden und sich durchzusetzen. So gesehen trägt das Hochfest Christkönig ein großes Potenzial in sich. Christkönig kann daran erinnern, dass christliche Werte (Wahrheit, Gnade, Gerechtigkeit, Frieden und Liebe) die westlichen Demokratien entscheidend geprägt haben und noch heute in ihnen präsent sind. Politisch werden sie jedoch immer wieder stark in Frage gestellt. Etwa bei der Aufnahme von Flüchtlingen, der gewaltlosen Lösung von Konflikten und dem Ringen um faire Verteilung der Güter der Welt. Als Christen sollten wir uns im Geiste Jesu in die Gesellschaft aktiv einbringen und verkünden, dass im Königreich Jesu keine Gewaltanwendung Platz hat, dafür aber vor allem geflüchtete, behinderte, alte und kranke, arme und bedürftige Menschen ihren Platz haben.
Der Gott, an den ich nicht glauben kann.
Ich glaube nicht an einen Gott von Diktatoren, von Mächtigen und Reichen,
an einen Gott, der mit Gewalt die Ordnung aufrechterhält,
den Kleinen Angst einjagt und die Waffen segnet.
Ich glaube nicht an einen Gott als Totempfahl für Primitive und Ungebildete.
Ich glaube nicht an einen aus der Not geborenen Gott,
an ein Betäubungsmittel, wenn das Leben unerträglich wird,
an eine Rettungsinsel, wenn man den Boden unter den Füssen verliert
und sich an keinen Menschen mehr halten kann,
an ein Allheilmitel, um die Löcher unserer Ohnmacht zu stopfen.
Ich glaube nicht an einen Gott, der mit dem Stock hinter der Tür steht,
an einen Gott, der die Menschen in ihren Möglichkeiten bremst,
an einen Schiedsrichter, der nur die Fehler pfeift,
an einen obersten Sittenrichter, an einen hässlichen Gott.
Ich glaube nicht an einen Gott, der unnahbar ist,
an ein Überwesen, fern, kalt und unbewegt.
Ich glaube nicht an einen Gott von Philosophen oder Ideologen,
abstakt und unverständlich.
Ich bin ein Ungläubiger.
Phil Bosmans
Schlussgebet
Herr, Jesus Christus,
du schenkst uns ein Königreich,
das alles Machtdenken sprengt
in dem Gebot der Liebe,
der Aufrichtung,
der Überwindung alles Tödlichen,
des Heilwerdens
und der Versöhnung.
Damit eröffnest du eine ganz neue Wahrheit –
die Wahrheit, wie sie dir dein Vater aufgetragen hat,
uns zu verkünden.
Mache uns offen für diese Botschaft
und schenke uns die Kraft aus ihr zu leben.
Dich loben wir, mit dem Vater und dem Hl. Geist,
jetzt und alle Zeit. Amen
Beatrix Senft (2021)