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Impuls zum 12. Juni 2022

Zum Dreifaltigkeitssonntag

Von Veronika Hüning, (Höhbeck im Wendland), pax christi-Diözesanverband Hildesheim

Dankbarkeit, Hoffnung, Liebe
Wieder einmal möchte ich euch einladen, mit mir die liturgischen Texte des heutigen Sonntags zu betrachten und zu bedenken.

Ich bin ein Fan von schönen Texten. Und für mich ist der Psalm 8 einer der wortgewaltigsten und großartigsten überhaupt.

Psalm 8
„Herr, unser Herr, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde; über den Himmel breitest du deine Hoheit aus. Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge schaffst du dir Lob, deinen Gegnern zum Trotz; deine Feinde und Widersacher müssen verstummen. Seh ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner Hände, hast ihm alles zu Füßen gelegt: All die Schafe, Ziegen und Rinder und auch die wilden Tiere, die Vögel des Himmels und die Fische im Meer, alles, was auf den Pfaden der Meere dahinzieht. Herr, unser Herrscher, wie gewaltig ist dein Name auf der ganzen Erde!“

Am liebsten würde ich nach dem Lesen dieses Psalms nur schweigen. Im Stillen danken für die Erhabenheit der Schöpfung und die Schönheit all ihrer Geschöpfe, danken dafür, dass Gott sich dem Menschen zuwendet, ihn liebt und für sein Leben sorgt. Ihn aus dem Staub erhebt.

Aber schweigen ist einem Sonntagsimpuls von pax christi nicht so zuträglich. Also doch noch ein paar Worte mehr!

Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge
Was ist das für ein Gott, der sich ausgerechnet von Kindern und Säuglingen loben lässt? Von Kindern, die vielleicht kein grammatikalisch korrektes Satzgefüge hinkriegen, wie wir es aus hochgestochenen theologischen Lehrschriften kennen? Von Säuglingen, die nicht viel mehr können als brabbeln und glucksen? Das ist ein Gott, der jedenfalls nicht die Gebildeten und Gelehrten bevorzugt. Er lässt sich von seinen Geschöpfen preisen, die sich einfach des Lebens freuen und die auf liebende Menschen angewiesen sind. Da möchte ich mich doch gerne anschließen! Ich habe die Weisheit ja auch nicht mit Löffeln gegessen.

Die Weisheit (Spr 8, 22-31)
Die Weisheit ist eine Gabe Gottes, kein Privileg der besseren Kreise und kein persönlicher Verdienst der Intellektuellen. Im Buch der Sprichwörter wird diese Weisheit gepriesen:

„Der Herr hat mich geschaffen als Anfang seines Weges, vor seinen Werken in der Urzeit; in frühester Zeit wurde ich gebildet, am Anfang, beim Ursprung der Erde. Als die Urmeere noch nicht waren, wurde ich geboren, als es die Quellen noch nicht gab, die wasserreichen. Ehe die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln wurde ich geboren. Noch hatte er die Erde nicht gemacht und die Fluren und alle Schollen des Festlands. Als er den Himmel baute, war ich dabei, als er den Erdkreis abmaß über den Wassern, als er droben die Wolken befestigte und Quellen strömen ließ aus dem Urmeer, als er dem Meer sein Gesetz gab und die Wasser nicht seinen Befehl übertreten durften, als er die Fundamente der Erde abmaß, da war ich als geliebtes Kind bei ihm. Ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit. Ich spielte auf seinem Erdenrund und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein.“

Die Weisheit spricht hier wie ein von Gott geliebtes Kind. Allerdings ein Kind, das schon vor Anbeginn der Schöpfung da war, das die Entstehung der Welt begleitet hat, die Erschaffung von Wasser und Erde.
Das gefällt mir, denn es sagt aus: In die Schöpfung ist ein gutes und sinnvolles Gesetz eingewoben. Wer sind wir, dass wir uns darüber erheben? Dass wir meinen, befugt zu sein, die Erde auszubeuten, die Gewässer zu verseuchen?

Die Hoffnung der Glaubenden (Röm 5, 1-5)
Nun sind wir bei der zweiten Lesung vom Tage angekommen, beim Römerbrief des Paulus. Seine Worte haben mit uns zu tun, mit pax christi, mit der Friedensbewegung. Es geht um das Entscheidende, um Frieden und um Hoffnung. In der Bibelübersetzung „Hoffnung für alle“ heißt es:

„Nachdem wir durch den Glauben von unserer Schuld freigesprochen sind, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus. Er hat uns die Tür zu diesem neuen Leben geöffnet. Im Vertrauen haben wir dieses Geschenk angenommen, auf das wir uns jetzt gründen. Und mehr noch: Wir werden einmal an Gottes Herrlichkeit teilhaben. Diese Hoffnung erfüllt uns mit Freude und Stolz. Doch nicht nur dafür sind wir dankbar. Wir danken Gott auch für die Leiden, die wir wegen unseres Glaubens auf uns nehmen müssen. Denn Leid macht geduldig, Geduld aber vertieft und festigt unseren Glauben, und das wiederum stärkt unsere Hoffnung. Diese Hoffnung aber geht nicht ins Leere. Denn uns ist der Heilige Geist geschenkt, und durch ihn hat Gott unsere Herzen mit seiner Liebe erfüllt.“

Wir haben Frieden mit Gott durch Jesus Christus. So heißt es ja auch in unserer Präambel: „Jesus Christus ist unser Friede.“

Es gibt keine Garantie auf Glück, keinen Handelsvertrag: Taufschein gegen Himmelreich. Oder Friedensengagement gegen ewige Freude. Aber von Vertrauen ist hier die Rede, von Vorfreude, von Dankbarkeit. Das entscheidende Wort für mich: Hoffnung. Ja, auch Liebe!

Wenn ihr an die Menschen denkt, die sich für Gerechtigkeit und Frieden einsetzen, oft in viel schwierigeren Situationen, als wir hier erleben: Könnt ihr euch vorstellen, dass sie für ihre Leiden danken? Oder wäre das pervers? Was Paulus anschließend sagt, versuche ich nachzuvollziehen. Macht Leid geduldig? Kann es nicht eher deprimieren, verzweifelt oder wütend machen? Doch wenn sich die Mütter der Verschwundenen in Mexiko oder Argentinien auf den Marktplatz stellen, dann haben sie die Hoffnung auf Gerechtigkeit nicht aufgegeben. Und sie werden sie nicht aufgeben. Ihre Geduld festigt ihren Glauben. Wenn die Israelis und Palästinenser*innen des Parents‘ Circle nicht aufhören, für einen gerechten Frieden im Heiligen Land zu kämpfen, dann halten sie an ihrem Glauben fest – an den einen Gott, der auf der Seite der Entrechteten steht. Dieser Glaube stärkt ihre Hoffnung. Wenn sich die Menschen, die Geflüchtete retten, betreuen, integrieren, auf ihre christlichen Quellen berufen, dann werden sie ihre Hoffnung nicht einfach fahren lassen. Ihre Hoffnung, dass sich das Gute durchsetzt, die Menschenfreundlichkeit, die Nächstenliebe. Denn ein Herz, das von der Liebe zum Mitmenschen erfüllt ist, sei er nah oder fern, das wird Freude erfahren – Freude, ja, nicht unbedingt Erfolg.

Wenn der Geist der Wahrheit kommt
Und dann ist da noch das Wort des Evangelisten Johannes.

„Ich hätte euch noch viel mehr zu sagen, doch jetzt würde es euch überfordern. Wenn aber der Geist der Wahrheit kommt, hilft er euch dabei, die Wahrheit vollständig zu erfassen. Denn er redet nicht in seinem eigenen Auftrag, sondern wird nur das sagen, was er hört. Auch was in der Zukunft geschieht, wird er euch verkünden. So wird er meine Herrlichkeit sichtbar machen; denn alles, was er euch zeigt, kommt von mir. Was der Vater hat, gehört auch mir. Deshalb kann ich mit Recht sagen: Alles, was er euch zeigt, kommt von mir. Ich werde nur noch kurze Zeit bei euch sein; dann seht ihr mich nicht mehr. Bald nach meinem Weggehen aber werdet ihr mich wiedersehen.«

So ist es: Wir sehen Jesus nicht mehr. Aber auch bald nach seinem Weggehen haben die Menschen ihn nicht wiedergesehen. Worauf baue ich, worauf bauen wir? „Die Wahrheit vollständig erfassen“ ist ein sehr hohes Ziel. Aber auf den „Geist der Wahrheit“ können wir uns verlassen. Für mich ist das der Geist, der uns hilft, Gut und Böse zu unterscheiden. Die verlockenden Wege von den steinigen zu unterscheiden, die zum Heil führen. Den Blick auf unsere Mitmenschen so auszurichten, dass wir ihrer Menschenwürde Gewicht geben und nicht dem Augenschein, der gesellschaftlichen Stellung, dem Ruhm, der ihnen angetragen wird.

Dreifaltigkeitssonntag
Das Thema Dreifaltigkeit habe ich heute einfach ausgespart. Aber mein Gebet soll sich an den dreieinigen Gott wenden:

Gott, der du Vater, Sohn und Geist bist: Du, Vater, schenke uns deine Liebe. Du, Sohn Gottes, erfülle uns mit deinem Leben. Du, Heilige Geistkraft, stärke uns. Der Segen des einen guten und treuen Gottes komme auf uns herab und bleibe allezeit bei uns: der Segen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Und – keine Lieder heute? Doch, wenn ihr wollt! Singt miteinander:
„Meine Hoffnung und meine Freude“ (GL 365) oder
„Ich lobe meinen Gott“ (GL 400) oder
„Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht“ (GL 450)