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Impus zum 30. April 2023

Zum 4. Sonntag in der Osterzeit

Von Diakon Horst-Peter Rauguth, Mitglied im Geschäftsführenden Bundesvorstand

Der Gute Hirte 

In den ersten Wochen nach Ostern werden wir durch die liturgischen Texte in besonderer Weise angehalten, auf Christus zu schauen und unser Leben nach ihm auszurichten. Im Auferstandenen hat nicht nur das Leben über den Tod gesiegt, sondern auch die Liebe über die Bosheit, die Bereitschaft zu leiden über Wiedervergeltung und Rache.

Am vierten Sonntag der Osterzeit werden in allen drei Lesejahren Texte vom Guten Hirten als Evangelium vorgetragen. Daher wird dieser Sonntag auch als „Gute-Hirten-Sonntag“ bezeichnet. Der Hirt und die Herde waren für das Volk Israel ein gut nachvollziehbares Bild. Das alte Volk Israel hatte ein monarchisches System mit einem König an der Spitze, und auch die Religionsverantwortung wurde in der Priesterkaste weitervererbt. In der damaligen Gesellschaft galt der gute Hirte als Idealbild eines guten Königs, bzw. auch eines guten führenden Priesters. Die Propheten übten die kritische Instanz im Volk aus. Immer wieder klagten sie die Könige und die Priesterschaft an, dass sie ihren Aufgaben nicht gerecht würden. Sie drohten ihnen an, dass Gott selbst die Leitung seines Volkes in die Hand nehmen werde. Er ist der gute Hirte schlechthin, der alle Kompetenzen, die dafür nötig sind, besitzt. Bei einem guten Hirten war gut gesorgt, er kannte jedes einzelne Tier und seine Geschichte, er hatte alle im Blick. Im Neuen Bund werden diese Qualifikationen Jesus zugeschrieben. Er ist der mustergültige Gute Hirte, und alle, die im neuen Volk Gottes ein Leitungsamt wahrnehmen, bzw. an der Leitung teilhaben, sind am Guten Hirten Jesus zu messen. Beim Bild des Guten Hirten geht es auf keinen Fall darum, alle anderen zu dummen Schafen zu degradieren. Die Versuchung dazu ist jedoch allezeit gegeben. Ähnliches gilt aber auch für politische Ämter.

Lied GL 421 
Mein Hirt ist Gott der Herr

1) Mein Hirt ist Gott, der Herr, er will mich immer weiden,
darum ich nimmermehr kann Not und Mangel leiden;
er wird auf grüner Au, so wie ich ihm vertrau,
mir Rast und Nahrung geben und wird mich immerdar
an Wassern, still und klar, erfrischen und beleben.

2) Er wird die Seele mein mit seiner Kraft erquicken,
wird durch den Namen sein auf rechte Bahn mich schicken,
und wenn aus blinder Wahl ich auch im finstern Tal
weitab mich sollt verlieren, so fürcht ich dennoch nicht;
ich weiß mit Zuversicht, du, Herr, du wirst mich führen.

3) Du wirst zur rechten Zeit den Hirtenstab erheben,
der allzeit ist bereit, dem Herzen Trost zu geben.
Dazu ist wunderbar ein Tisch mir immerdar von dir,
o Herr, bereitet, der mir die Kräfte schenkt,
wann mich der Feind bedrängt, und mich zum Siege leitet.

4) Du hast mein Haupt getränkt, gesalbt mit Freudenöle,
den Kelch mir eingeschenkt, hoch voll zur Lust der Seele.
Herr, deine Gütigkeit wird durch des Lebens Zeit
mich immer treu begleiten, dass ich im Hause dein
fest möge wohnhaft sein, zu ewiglichen Zeiten.

Text und Musik Caspar Ulenberg (1582)

https://www.youtube.com/watch?v=2RaWJ5550Ik 

Evangelium - Joh 10,1-10 

In jener Zeit sprach Jesus:
Amen, amen, ich sage euch:
Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht,
   sondern anderswo einsteigt,
   der ist ein Dieb und ein Räuber.
Wer aber durch die Tür hineingeht,
ist der Hirt der Schafe.
Ihm öffnet der Türhüter
und die Schafe hören auf seine Stimme;
er ruft die Schafe,
   die ihm gehören, einzeln beim Namen
   und führt sie hinaus.
Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat,
geht er ihnen voraus und die Schafe folgen ihm;
denn sie kennen seine Stimme.
Einem Fremden aber werden sie nicht folgen,
sondern sie werden vor ihm fliehen,
   weil sie die Stimme der Fremden nicht kennen.
Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus;
   aber sie verstanden nicht den Sinn dessen,
   was er ihnen gesagt hatte.
Weiter sagte Jesus zu ihnen:
Amen, amen, ich sage euch:
   Ich bin die Tür zu den Schafen.
   Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber;
   aber die Schafe haben nicht auf sie gehört.
Ich bin die Tür;
   wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden;
er wird ein- und ausgehen und Weide finden.
Der Dieb kommt nur,
   um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten;
ich bin gekommen, damit sie das Leben haben
   und es in Fülle haben.

Zum Nachdenken
 Jesus hebt in seinen Worten das enge Vertrauensverhältnis zwischen Hirten und Schafen hervor. Dieses Vertrauen kann man weder anordnen noch erkaufen, das Vertrauen, das Jesus meint muss man sich erwerben.

Jesus gilt als der Gute Hirte, weil er sich bedingungslos für die Seinen hingegeben hat. In der Krisenzeit ist er nicht davongelaufen. Sein Weg ist ein freiwilliger Akt der Selbsthingabe. 

Jesus beschreibt das Vertrauensverhältnis zwischen dem guten Hirten und seinen Schafen mit dem Satz: "Ich kenne die Meinen und die Meinen kennen mich". 

Menschen, die Macht über andere haben wollen, unternehmen alles Denkbare, um die Menschen und Gruppen bestmöglich kennenzulernen und bis ins letzte Detail zu erforschen. Sie sammeln alle Daten, die sie über ihre Bürger einholen können, um die Bevölkerung in den Griff zu bekommen. Gegen diese Art des Kennenlernens stellt sich bei vielen Argwohn und Misstrauen ein. Wem können wir trauen? Wem können wir vertrauen? Gefragt sind Verantwortungsträger, die es gut mit uns meinen ohne uns zu entmündigen. 

Gerade wieder erschüttern uns Berichte über kirchliche Verantwortungsträger, die im Gewand des Priesters und Guten Hirten Verbrechen begangen haben und sich an Schwachen und Wehrlosen vergangen haben oder diese Verbrechen vertuscht haben. Damit wird das Bild des Guten Hirten nachvollziehbar für viele hinfällig, ja es löst Widerstand aus. 

So scheint mir eine neue Stellenausschreibung (Neue Hirten braucht das Land) für die Herde der mündigen Gläubigen nötig: 

Nach einem unveröffentlichten Text von Beatrix Senft 

Stellenausschreibung

für eine Hirtenstelle (m/w/d)

Ich, Schöpfer einer großen Schar von Menschen, suche:

verlässlichen sorgenden Hirten für diese Menschen.

Sie sind gerade sehr weit verstreut und verunsichert; es besteht eine große Unruhe innerhalb der Schar, viele sind auf vielfältige Weise verletzt oder stehen mit dem Rücken zum Zaun. Ihnen wurde zum Teil großes Unrecht angetan, durch die, die sich als ihre leitenden Hirten ausgaben.

Auch sind sie lange durch dürres Land geführt worden, so dass sie einen starken Durst nach frischem Wasser verspüren.

Darüber hinaus ist es zu manchen Früh- und Fehlgeburten gekommen und Wölfe konnten in die Schar eindringen. Auch ist es so, dass die, die nicht ins optische Bild der Schar passen, von den Alten „Böcken“ ausgestoßen und zu „unzumutbaren Sündenböcken“ gemacht werden.

 Daher suche ich einen Hirten:

* der sich behutsam der Herde nähert

* der ihre Verletzungen und Bedürfnisse ernst nimmt - sehr ernst

* der mit liebevollem Stab Richtung für sie zu suchen bereit ist

* der sich damit auseinandersetzt, welche Nahrung und welche Quelle dazu beitragen kann, ihr wieder Lebenskraft zu spenden

* der auch in engen Schluchten und in reißenden Strömen verlässlich bei meiner Herde weilt

* der sie vor äußeren und inneren Gefahren schützt

* der danach schaut, auf welche Weise und aus welchem Grund Tiere verloren gingen und der behilflich ist, dass sie zurückfinden, wenn sie wieder in meiner Herde leben wollen

* der mit meiner Herde lebt, wie ein Schaf unter Schafen - damit er den rechten Blickwinkel erhält, und mit Überzeugung und nicht mit Härte und Strafe führt. 

Ich weiß, dass ich damit eine hohe Anforderung stelle. Eine Anforderung, der ich mit einer Bezahlung sicherlich nicht gerecht werden kann.

Doch, all meine Liebe liegt in dieser Herde und es jammert mich ihr Zustand. –

Vielleicht geht es Ihnen genauso, wenn Sie auf diese Herde schauen. 

Ein Studium oder eine Weihe sind für diese Stelle nicht zwingend erforderlich. Es genügt sich uneitel und treu meinen Aufgaben zu widmen und selbstverständlich sind mir auch weibliche Bewerberinnen herzlich willkommen. 

Mit liebevollem Aufruf:

WEIDET MEINE HERDE, 

Ihr und Euer GOTT 

Schlussgebet und Segen
Jesus, du hast uns ein Beispiel gegeben.
Auch wir wollen ein Beispiel dafür sein,
was es heißt, auf deine Stimme zu hören
und dir zu folgen.
Segne uns dazu.
Lass uns – wie es der Heilige Franz von Assisi sagt –
durch unser Leben predigen,
durch unser Leben auf dich verweisen.
Gib uns Kraft und Mut dazu,
und segne uns jetzt,
du guter Hirte. – Amen.

Jörg Thiemann (2023)

 

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