Zum Inhalt [I]
Zur Navigation [N]
Kontakt [C] Aktuelles [2] Suchfunktion [4]

Impuls zum 28. August 2022

Zum 22. Sonntag im Jahreskreis C

Von Stefan Voges (Aachen), Geistlicher Beirat von pax christi Aachen

Hilf, Herr meines Lebens
Hilf, Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.
Hilf, Herr meiner Tage, dass ich nicht zur Plage meinem Nächsten bin.
Hilf, Herr meiner Stunden, dass ich nicht gebunden an mich selber bin.
Hilf, Herr meiner Seele, dass ich dort nicht fehle, wo ich nötig bin.
(Gustav Lohmann)

Die Weisheit der Demut
Mein Sohn, bei all deinem Tun bleibe bescheiden
und du wirst geliebt werden
von anerkannten Menschen!
Je größer du bist, umso mehr demütige dich
und du wirst vor dem Herrn Gnade finden!
Denn groß ist die Macht des Herrn,
von den Demütigen wird er gerühmt.
(Sir 3,17–18.20)

Demut? Demut.
Zur Demut rät Jesus Sirach, der biblische Weisheitslehrer. Demut? Das Wort ist selten geworden, gehört kaum zum aktiven Wortschatz. Doch der Rat des Jesus Sirach ist eine zeitlose Weisheit. Viel wäre gewonnen, wenn die Demut nicht nur in den Wortschatz, sondern vor allem in den Lebensschatz der Menschen zurückkehrte.
Im Lateinischen heißt Demut „humilitas“. Darin steckt das Wort „humus“, der Erdboden, aus dem der Mensch nach der biblischen Schöpfungserzählung gemacht ist. Zur Demut gehört das Wissen um die eigene Geschöpflichkeit, das Geschaffensein. Die stete Erinnerung an diese Abhängigkeit, an den richtigen Platz im Gefüge der Welt, eine planetarische Demut schadete dem Menschen – weiß Gott – nicht.

Das Wort Demut bezeichnet ursprünglich die Gesinnung eines Dienenden, den „Dien-mut“. Wie ist es um diese Gesinnung bestellt in meinem Leben, in unserer Gesellschaft, in den Beziehungen der Staaten? Demut im Sinne von Dien-mut hat das Zeug, die Welt zu verändern, wenn es um den Dienst am Menschen, am Leben alles Lebendigen und an der Fülle des Lebens geht.

Demut leidet aber an einem Paradox: „Man kann sie eigentlich nicht anstreben, sonst will man etwas sein; kann sie nicht einüben, sonst will man etwas erreichen. Niemand, der sie hat, kann es wissen oder feststellen. Man kann bloß negativ sagen: der Mensch soll nichts für sich selber anstreben.“ (Hans Urs von Balthasar) Demut ist eine stille Tugend – wie wohl täte sie im Lärm der Welt.

„Je größer du bist, umso mehr demütige dich“, schreibt Jesus Sirach. Demut ist eine Weisheit, die den Frieden der Welt gewinnen kann.

Ein Gleichnis über die Demut
Jesus kam an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen. Da beobachtete man ihn genau. Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, erzählte er ihnen ein Gleichnis. Er sagte zu ihnen:

Wenn du von jemandem zu einer Hochzeit eingeladen bist, nimm nicht den Ehrenplatz ein! Denn es könnte ein anderer von ihm eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen. Vielmehr, wenn du eingeladen bist, geh hin und nimm den untersten Platz ein, damit dein Gastgeber zu dir kommt und sagt: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen.

Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich wieder ein und dir ist es vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie haben nichts, um es dir zu vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.
(Lk 14,1.7–14)

Der letzte Platz
Der im Mai 2022 heiliggesprochene Charles de Foucauld (1858–1916) war zeitlebens auf der Suche nach dem letzten Platz. Er notierte über die Demut bedenkenswerte und herausfordernde Gedanken:

„Demütig sein in Gedanken, Worten und Werken. Das Ansehen bei den Menschen weder suchen noch lieben, vielmehr ihre Geringschätzung lieben.

Wenn man liebt, ist man demütig; denn man kommt sich klein und nichtig vor neben dem, was man liebt.
Wer liebt, ahmt nach, und Jesus war sanften und demütigen Herzens.

Die Demut ist der Schmuck aller Tugenden; und sie ist unerlässlich dazu, diese vor Gott angenehm zu machen; der Stolz verdirbt sie alle …“

Zwölf Stufen
In der Regel, die der heilige Benedikt für das Zusammenleben im Kloster verfasst hat, nimmt das siebte Kapitel „Über die Demut“ eine zentrale Stellung ein. Benedikt beschreibt darin zwölf Stufen der Demut. Vom Ziel her betrachtet ist es durchaus erstrebenswert, die Mühe der Demut auf sich zu nehmen, ob innerhalb oder außerhalb der Klostermauern. Denn Benedikt schreibt: „Wenn also der Mönch alle Stufen auf dem Weg der Demut erstiegen hat, gelangt er alsbald zu jener vollendeten Gottesliebe, die alle Furcht vertreibt.“ Und was ist einem Menschen ohne Furcht nicht alles möglich.

Hier kann sich ein fürbittendes Gebet anschließen, für die Hochmütigen, die Unterdrückten, die Wichtigtuer, die Verängstigten, die Großspurigen, die Mutlosen, die Angeber, die Demütigen, die Gewalttätigen, die Friedenstifter …

Gebet
Wachse Jesus, wachse in mir,
in meinem Geist, in meinem Herzen,
in meiner Vorstellung, in meinen Sinnen.
Wachse in mir in deiner Milde, in deiner Reinheit,
in deiner Demut, deinem Eifer, deiner Liebe.
Wachse in mir mit deiner Gnade, deinem Licht und deinem Frieden.
Wachse in mir zur Verherrlichung deines Vaters, zur größeren Ehre Gottes. Amen
(Pierre Olivaint)


 

Dateien zum Download

Dateien zum Download