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Impuls zum 23. Januar 2022

Zum 3. Sonntag im Jahreskreis

Von Josef Freise (Neuwied), Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat von pax christi

Lied
GL 551, Nun singt ein neues Lied dem Herren

Gebet
Gott unser Vater, begleite uns auf unserem Weg in diesem neuen Jahr. Schenke uns die Gnade, dass wir  die Zeichen der Zeit besser zu deuten lernen, dass wir erkennen, was Jesus uns heute sagen will. Darum bitten wir Dich durch ihn im heiligen Geist, heute und für alle Zeit, Amen.  

Lesung aus dem Buch Nehemia (Kap 8, 1-3. 8-12.)
Die beiden Lesungen und das Evangelium dieses Sonntags bauen aufeinander auf: Sie sprechen alle von einem Neuanfang. Sie werden hier auszugsweise in der Übersetzung der Basisbibel vorgestellt und erläutert. 

In der heutigen Lesung aus dem Ersten Testament, das wir oft noch Altes Testament nennen, hören wir, wie das Volk Israel etwa 500 vor Christus einen Neuanfang macht. Die Reiche Juda und Israel waren durch die babylonische Eroberung untergegangen, der Tempel in Jerusalem wurde zerstört, das jüdische Volk war ins babylonische Exil getrieben worden und will jetzt nach der Rückkehr die Stadt Jerusalem neu aufbauen. Das ganze Volk, Frauen und Männer sowie die heranwachsenden Kinder und Jugendliche sind zusammengekommen und hören die Weisung Gottes, das sind die ersten fünf Bücher Mose. Der Neuanfang wird gefeiert; alle sind einbezogen, auch die, die nichts zum Feiern besitzen, sind dabei.

8, 1 Das ganze Volk versammelte sich geschlossen auf dem Platz vor dem Wassertor. Sie sagten zu dem Schriftgelehrten Esra: »Bring uns doch das Gesetzbuch des Mose, das der Herr Israel gegeben hat. «Da brachte der Priester Esra das Gesetzbuch vor die Versammlung. Sie bestand aus Männern, Frauen und allen, die mit Verstand zuhören konnten. 3 Vom Morgen bis zum Mittag las Esra auf dem Platz vor dem Wassertor daraus vor. Die Männer, Frauen und alle, die es verstehen konnten, hörten aufmerksam zu. Das ganze Volk folgte gespannt den Worten der Schrift.
8 Die Leviten lasen also aus dem Buch mit der Weisung Gottes vor. Das geschah Abschnitt für Abschnitt, dann folgte die Erklärung, so dass man das Vorgelesene verstand.
9 Als das Volk die Worte der Weisung hörte, fingen die Menschen an zu weinen. Da ermutigten sie der Statthalter Nehemia und der Priester und Schriftgelehrte Esra. Zusammen mit den Leviten, die das Gelesene erklärten, sagten sie zum Volk: »Heute ist ein heiliger Tag für den Herrn, euren Gott! Seid nicht traurig und hört auf zu weinen!10 Geht, esst fette Speisen und trinkt süße Getränke! Gebt auch denen etwas, die nichts haben. Denn dies ist ein heiliger Tag für unseren Herrn. Seid nicht traurig, denn die Freude am Herrn gibt euch Kraft!« 11 Auch die Leviten redeten dem Volk gut zu: »Beruhigt euch, denn dies ist ein heiliger Tag. Seid nicht traurig!« 12 Da ging das Volk los, um zu essen und zu trinken. Man gab auch denen etwas, die nichts hatten. Sie feierten ein großes Freudenfest, denn sie hatten die Worte verstanden, die man ihnen verkündet hatte.

Kanon
GL 450 Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht

2. Lesung (1 Kor 12-18. 23-27)
In der neutestamentlichen Lesung dieses Sonntags vergleicht Paulus die Jesusgemeinde in Korinth mit dem menschlichen Leib: Der Leib hat viele Glieder und jedes Körperteil ist auf seine Art wichtig. Jedes Glied ist wichtig. Man soll sich keines Körperteils schämen. Gerade die Teile, die eher wenig wertgeschätzt werden, werden von Gott besonders gewürdigt.  

Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth
Schwestern und Brüder, 
12 Es ist wie beim menschlichen Körper: Er bildet eine Einheit und besteht doch aus vielen Körperteilen. Aber obwohl es viele Teile sind, ist es doch ein einziger Leib. So ist es auch mit Christus.13 Denn als wir getauft wurden, sind wir durch den einen Geist alle Teil eines einzigen Leibes geworden – egal ob wir Juden oder Griechen, Sklaven oder freie Menschen waren. Und wir sind alle von dem einen Heiligen Geist erfüllt worden.
14 Der menschliche Körper besteht ja nicht aus einem einzigen Teil, sondern aus vielen.15 Selbst wenn der Fuß sagt: »Ich bin keine Hand, ich gehöre nicht zum Körper. «Gehört er nicht trotzdem zum Körper? 16 Und wenn das Ohr sagt: »Ich bin kein Auge, ich gehöre nicht zum Körper. «Gehört es nicht trotzdem zum Körper? 17 Wenn der ganze Körper ein Auge wäre, wo bliebe dann das Gehör? Wenn er ganz Gehör wäre, wo bliebe der Geruchssinn? 18 Nun hat Gott aber jedem einzelnen Körperteil einen Platz am Körper zugewiesen, so wie er es wollte.
23 Die Teile des Körpers,die wir für weniger ansehnlich halten, kleiden wir mit besonderer Sorgfalt. Und wenn wir uns wegen bestimmter Körperteile schämen, achten wir darauf, dass sie anständig bedeckt sind. 24 Unsere anständigen Körperteile haben das nicht nötig. Doch Gott hat den Leib zusammengefügt. Er hat dafür gesorgt, dass die unscheinbaren Körperteile besonders geehrt werden.25 Denn im Leib darf es keine Uneinigkeit geben, sondern alle Teile sollen füreinander sorgen.26 Wenn ein Teil leidet, leiden alle anderen Teile mit. Und wenn ein Teil geehrt wird, freuen sich alle anderen Teile mit.
27 Ihr seid nun der Leib von Christus! Jeder Einzelne von euch ist ein Teil davon.28 Und Gott hat jedem in der Gemeinde seine Aufgabe zugewiesen. 

Lied
GL 425 Solang es Menschen gibt auf Erden...

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas  (Kap, 4,14-24)
14 Jesus war erfüllt von der Kraft des Geistes. So kehrte er nach Galiläa zurück. Sein Ruf verbreitete sich in der ganzen Gegend.15 Er lehrte in den Synagogen und alle redeten mit Hochachtung von ihm.
16 Jesus kam auch nach Nazareth, wo er aufgewachsen war. Am Sabbat ging er wie gewohnt in die Synagoge. Er stand auf, um aus der Heiligen Schrift vorzulesen.17 Man reichte ihm die Schriftrolle mit dem Propheten Jesaja. Jesus rollte sie auf und fand die Stelle, wo geschrieben steht: 18 »Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, den Armen gute Nachricht zu verkünden. Den Gefangenen soll ich zurufen, dass sie frei sind, und den Blinden, dass sie sehen werden. Den Unterdrückten soll ich die Freiheit bringen.19 Ich soll verkünden: Jetzt beginnt das Jahr, in dem der Herr Gnade schenkt.«
20 Jesus rollte die Schriftrolle wieder zusammen, gab sie dem Synagogendiener zurück und setzte sich. Alle Augen in der Synagoge waren gespannt auf ihn gerichtet.21Da sagte er zu den Anwesenden: »Heute ist diese Stelle in der Heiligen Schrift in eurer Gegenwart in Erfüllung gegangen.«

Deutung 
Alle drei biblischen Lesungen des heutigen Tages sprechen von einem Neuanfang. Das jüdische Volk, das aus dem Exil in Babylon zurückgekehrt ist, baut Jerusalem neu auf und kommt erst einmal auf einem großen Platz zusammen, um der Weisung Gottes zuhören. Die Menschen weinen - wohl auch vor Erleichterung, dass all das Schlimme hinter ihnen liegt. Die Leiter des Volkes machen ihnen Mut. Sie sagen: Das ist jetzt ein Zeitpunkt zum Feiern! 

Die junge Christengemeinde in Korinth steht auch noch ganz in ihren Anfängen, aber es gibt schon Streitigkeiten, Rangeleien um Macht und Privilegien. Paulus mahnt zur Einigkeit und macht das mit dem Bild des Leibes deutlich. Alle Glieder des Leibes sind wichtig. 

Das Evangelium beschreibt den ersten Auftritt Jesu. Jesus hat sozusagen Premiere in seiner Heimatsynagoge in Nazareth. Dieser Auftritt Jesu ist ein Paukenschlag. Das, was die Propheten versprochen haben, die Freiheit der Gefangenen, das Augenlicht der Blinden, die Freiheit der Unterdrückten, die wegen ihrer nicht zurückgezahlten Schulden in den Schuldturm geworfen wurden, all das wird jetzt verwirklicht - es gibt einen Neuanfang für alle jetzt mit Jesus. 

Können wir von einem Neuanfang heute sprechen - in einer Zeit, in der die katholische Kirche massiv an Glaubwürdigkeit verliert? Umfragen sagen, dass jeder vierte Katholik, jede vierte Katholikin über einen Austritt nachdenkt. 

Wenn es wirklich zu einem Neuanfang in der katholischen Kirche kommen soll, dann muss es ein Neuanfang sein mit umfassenden geistlichen und strukturellen Transformationen, mit grundlegenden Veränderungen.  Dazu  sollten wir alle wie das Volk Israel 500 vor Christi Geburt neu auf das Wort Gottes hören. Und wenn wir das Wort Gottes neu gehört und verstanden haben, dann werden wir auch entsprechend die Strukturen in der Kirche ändern, und zwar so, dass wirklich alle Glieder des Leibes Christi in der Kirche wertgeschätzt werden: Frauen wie Männer, Menschen unterschiedlicher sozialer Herkunft, Menschen mit den verschiedensten Lebens- und Konfliktgeschichten, Menschen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung. 

Beten wir und engagieren wir uns für diesen Neuanfang. 

Wenn wir uns im Hören auf Gottes Wort ehrlich auf diesen Weg der Transformation der Kirche begeben, dürfen wir glauben, dass Gott uns dabei begleitet, und wir können wie das jüdische Volk vor 2500 Jahren dann sagen: Seid nicht traurig. Wir machen einen Neuanfang, wir dürfen uns freuen und feiern. 

Fürbitten 
Wir beten zu Gott, der das Heil und das Leben aller Menschen in Fülle will: 
  • für alle, die sich ökumenisch engagieren: dass wir als Christinnen und Christen immer mehr zusammenwachsen und gemeinsam Gottes Geist lebendig werden lassen – wir bitten Dich, erhöre uns.
  • für alle, die sich für die Menschen auf der Schattenseite des Lebens einsetzen, dass sie nicht müde und mutlos werden – wir bitten Dich, erhöre uns.
  • für alle, die in unserer Kirche Verantwortung tragen, dass sie sich nicht um ihr eigenes Image kümmern, sondern mutig die notwendige Transformation unserer Kirche voranbringen – wir bitten Dich, erhöre uns.
  • für unsere Verstorbenen: für die, die wir ganz persönlich vermissen und für die Verstorbenen der vergangenen Woche in unserer Stadt, in unserer Gemeinde: O Herr, gib ihnen und allen Verstorbenen die ewige Ruhe.

A: Und das ewige Licht leuchte ihnen.

V: Lass sie ruhen in Frieden. A: Amen.

Barmherziger Gott, sei du unser Anker in den Stürmen des Lebens, gib Du uns die Kraft für das Neue, das uns mit Jesu Wort angekündigt wird. Darum bitten wir Dich durch Christus unseren Herrn im heiligen Geist, Amen. 

Gebet
Guter Gott, Du hast uns mit Deinem Wort vom Neuanfang gestärkt. Wir haben in der Gemeinschaft untereinander gespürt, dass wir nicht alleine sind. Gib uns in dem vor uns liegenden Jahr die Kraft, neue Orientierung zu finden, die uns froh macht und füreinander öffnet, damit wir alle auf dieser Erde das Leben in Fülle finden. Darum bitten wir Dich mit Jesus, Deinem Sohn, im Geist der Einheit und des Friedens, jetzt und alle Zeit, Amen. 

Danklied
GL 489 Lasst uns loben, freudig loben...

 

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