Impuls zum 29. Mai 2022
Von Diakon Hope Rauguth, geschäftsführender Bundesvorstand pax christi
Einheit
Wir stehen im Kirchenjahr zwischen der Himmelfahrt Christi und der Sendung des Hl. Geistes zu Pfingsten. Ein guter Zeitpunkt über all das nachzudenken, was Jesus getan und gesagt hat und was ihm Sorge gemacht hat. In seiner Abschiedsrede hat er inständig um Einheit seiner Jüngerschaft gebetet. Diese Einheit war durch die ganze Geschichte der Kirche hindurch immer wieder gefährdet. Wie kann sie erreicht werden? – Diese Frage sollte uns auch heute beschäftigen.
Bitten wir den Herrn um den verheißenen Beistand.
Lied Gotteslob 349
(8) Komm, o Tröster, heilger Geist (Gotteslob Nr. 349) - YouTube
1. Komm, o Tröster, Heilger Geist, / Licht, das uns den Tag verheißt, / Quell, der uns mit Gaben speist,
2. komm, und lindre unsere Last, / komm, gib in der Mühsal Rast, / komm, sei bei uns Armen Gast.
3. Glut, die unser Herz, durchdringt, / Beistand, der zum Ziel uns bringt, / ohne den uns nichts gelingt,
4. halt uns, wo wir haltlos gehen, / rate, wo wir ratlos flehn. / sprich du, wo wir spachlos flehn.
5. Hauch, der Leben uns verleiht, / lenk uns in der Erdenzeit, / führ uns hin zur Seligkeit.
T: Maria Luise Thurmair [1970] 1972 nach „Veni Sancte Spiritus“, Stephen Langton um 1200
Evangelium 7. Sonntag der Osterzeit
Joh 17, 20–26
Sie sollen eins sein, wie wir eins sind: Sie sollen vollendet sein in der Einheit
Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes.
In jener Zeit erhob Jesus seine Augen zum Himmel
und betete:
Heiliger Vater, ich bitte nicht nur für diese hier,
sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben.
Alle sollen eins sein:
Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin,
sollen auch sie in uns sein,
damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.
Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben,
die du mir gegeben hast,
damit sie eins sind, wie wir eins sind,
ich in ihnen und du in mir.
So sollen sie vollendet sein in der Einheit,
damit die Welt erkennt,
dass du mich gesandt hast
und sie ebenso geliebt hast, wie du mich geliebt hast.
Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast,
dort bei mir sind, wo ich bin.
Sie sollen meine Herrlichkeit sehen,
die du mir gegeben hast,
weil du mich schon geliebt hast vor Grundlegung der Welt.
Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt,
ich aber habe dich erkannt
und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast.
Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan
und werde ihn kundtun,
damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist
und ich in ihnen bin.
Impuls zum Nachdenken
Katholikentage sind Großereignisse mit über 170-jähriger Tradition. Der 102. dieser Art findet vom 25. bis 29. Mai 2022 in Stuttgart statt. Es werden zehntausende Katholik:innen und Gläubige aller Konfessionen und vieler Religionen aus Deutschland, Europa und der Welt erwartet.
"leben teilen" – ist das Motto des Katholikentags, und er begibt sich auf die Spuren des Heiligen Martin, dem Diözesanpatron von Stuttgart-Rottenburg. Martin verkörpert mit seiner Biografie Nächstenliebe und überzeugende Glaubensverkündigung.
Auf dem Katholikentag begegnen sich Menschen, die die gleiche Taufe und die gleiche hl. Schrift haben, und gehen auf eine Entdeckungsreise. Es begegnen einem viele Dinge, die den Glauben anregen, berühren und inspirieren können: das Leben aus dem Wort Gottes; das unmittelbare und innige freie Beten, das freudige Singen in verschiedensten Liedern, Gruppen und Formen, die Diskussion und Aktion in vielen Anliegen, auch des Friedens und der Gerechtigkeit.
Auf der Kirchenmeile findet sich auch der pax christi-Stand. pax christi informiert über: Aktive Gewaltfreiheit und was Sankt Martin damit zu tun hat. Zudem gestaltet pax christi auch viele Podien und lädt zu vier Ausstellungen ein. Themenschwerpunkte sind Flucht und Migration, Israel und Palästina und Gewaltfreiheit.
Gegenwärtig ist das politische, gesellschaftliche und kirchliche Leben überschattet durch den Krieg in der Ukraine, die russische Aggression und die Verteidigung der Ukrainer. Europa steckt wohl in der tiefsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Die wirtschaftliche, politische und soziokulturelle Einheit, die in den letzten Jahrzehnten gewachsen ist, droht zu zerbrechen. Da ist es schwer ein Bild der Einheit zu sein. Nicht nur die Feinde stehen sich zurzeit unversöhnlich gegenüber, auch christliche Kirchen in Europa sind sich uneins, maßregeln sich gegenseitig. Auch wir innerhalb von pax christi ringen um Einheit auf dem Weg zu Gerechtigkeit und Frieden.
Wir alle wünschen uns ein Eins-Sein in einem möglichst hohen
Grade. Der Alltag zeigt uns jedoch auch immer wieder deutlich, welch enorme
Kraft in diese Lebensaufgabe investiert werden muss, um ein möglichst hohes Maß
an Einheit zu gewinnen. Aus uns allein, so will uns Johannes im Evangelium
durch das Gebet Jesu sagen, werden wir nicht viel zustande bringen. Und das
Eins-sein lässt sich von außen her auch nicht managen. Es wird nur dort
gelingen, wo wir jede Form feindlicher Begegnung einem anderen gegenüber
einstellen. Wo dies bei uns nicht geschieht, sind wir immer die Besseren, die
Tadellosen, aber auch die Verweigerer von Mühe und Anstrengung. Feindliche
Begegnungen suchen nicht das Eins-werden, sondern den persönlichen Triumpf über
den anderen.
Die Mühe ums Eins-werden und Eins-sein muss nicht auf Auseinandersetzungen
verzichten. Nein, es gibt den fairen, guten Streit, der um das Richtige und
Gemeinsame ringt, aber stets in Achtung voreinander und mit dem Verzicht auf
jede Form von Demütigung oder hinterlistiger Vereinnahmung.
pax christi feiert im kommenden Jahr in Deutschland sein 75jähriges Bestehen und kann auf einen Einsatz für den Frieden zurückblicken, der diese Grundsätze von Beginn an immer berücksichtigt hat.
Gut ist, dass sich viele zusammengetan haben, trotz größter Verschiedenheit um des Friedens Christi willen. Aber trotz mancherlei Unverständnis und Fremdheit bleiben sie beieinander und gehen einen Weg der Befreundung.
Einheit leben bedeutet: Vom andern her aus Liebe, Wohlwollen und Barmherzigkeit leben. Es heißt, mich nicht einfach durchsetzen. Es heißt, sicher sein, dass als Frucht daraus Friede und herzliche Gemeinschaft entstehen.
Der Evangelist Johannes will uns mit dem Bericht des heutigen Evangeliums sichtbar machen, dass Jesus darum weiß, wie viel Kraft und Anstrengung uns der Weg des miteinander Eins-werdens und Eins-seins abverlangt. Er bittet den Vater um Beistand für uns. Wenn wir entschlossen ans Werk gehen, uns ernsthaft um das Eins-Sein mühen, wird ein guter Schritt darin bestehen, Jesus nachzuahmen, indem wir als Erstes füreinander beten.
Erinnern wir uns doch an diese Quelle, wenn es schwer wird und enorme Geduld von uns abverlangt wird. Schöpfen wir gerade dann immer neu aus dieser Quelle mit abgewandelten Worten Jesu auf unseren Lippen: Vater, hilf uns, eins zu sein mit dir und untereinander.
Gebet
Lasst uns beten
Für alle unsere Mitmenschen,
mit denen wir auf irgendeine Art verbunden sind,
für alle, die unserer Sorge anvertraut sind,
für die Familie, die uns gegeben ist,
für unsere Freunde und Lieben,
für alle jene, mit denen wir täglich zu tun haben
und die wir im Gebet in deine Gegenwart
versetzen, Gott.
Lasst uns beten um eine lebensfähige
und menschliche Gesellschaft,
um wechselseitiges Vertrauen und Solidarität
überall, wo Menschen zusammenarbeiten,
in Fabriken und Betrieben,
um Ehrlichkeit im Geschäftsleben;
um gute Arbeitsbedingungen
und um einen gerechten Lohn.
Lasst uns beten, das sachkundig
An der Zukunft unseres Landes gearbeitet werde
Und dass man Sorge trägt
Für eine gerechte Streuung unserer Wohlfahrt.
Lasst uns beten
Um die Kultur der Ehrfurcht,
des Taktes und der Liebe
in Krankenhäusern und psychiatrischen Anstalten,
in Genesungszentren und Altersheimen.
Und dass es Platz gebe in unserer Mitte
Für Menschen, die anders sind als wir.
Lasst und beten
Für die Unglücklichen und Unansehnlichen,
dass sie nicht ausgestoßen
oder vernachlässigt werden,
und für alle mit denen das Zusammenleben
schwierig ist,
dass ihnen Geduld und Toleranz begegnen.
Lasst uns beten
für jene, die eine hohe Position
in dieser Welt bekleiden,
und für alle, die zur Führung berufen wurden,
dass sie das Leben der anderen sichern
und nicht nachgeben der Macht,
der Korruption, dem Unrecht,
dass sie bis zum äußersten versuchen,
den Frieden wiederzufinden,
und dass sie der Vernichtung so vieler Menschen
ein Ende setzen.
Lasst uns beten
Für alle, die an das Evangelium glauben,
dass sie wachsen mögen
in Gnade und Menschlichkeit.
Und für alle Kirchen,
dass sie keine Schranken aufrichten,
keine Schätze sammeln,
dass sie nicht festhalten an dem,
was längst abgestorben
und den Menschen fremd ist;
vielmehr, dass sie die Umkehr finden,
den Geist von Jesus, unserem Herrn, empfangen,
der Licht und Leben, Hoffnung und Friede ist
für diese Welt bis in Ewigkeit.
Huub Oosterhuis, Mitten unter uns, Freiburg: Herder1982.
Lied
(8) Sonne der Gerechtigkeit (GL481, EG262/263) - mit Text zum Mitsingen - YouTube
- Sonne
der Gerechtigkeit,
gehe auf zu unsrer Zeit;
brich in deiner Kirche an,
dass die Welt es sehen kann.
Erbarm dich, Herr. - Weck
die tote Christenheit
Weck die tote Christenheit
aus dem Schlaf der Sicherheit;
mache deinen Ruhm bekannt
überall im ganzen Land.
Erbarm dich, Herr. - Schaue
die Zertrennung an,
der kein Mensch sonst wehren kann;
sammle, großer Menschenhirt,
alles, was sich hat verirrt.
Erbarm dich, Herr. - Tu
der Völker Türen auf;
deines Himmelreiches Lauf
hemme keine List noch Macht.
Schaffe Licht in dunkler Nacht.
Erbarm dich, Herr. - Gib
den Boten Kraft und Mut,
Glaubenshoffnung, Liebesglut,
lass viel Früchte deiner Gnad
folgen ihrer Tränensaat.
Erbarm dich, Herr. - Lass
uns deine Herrlichkeit
ferner sehn in dieser Zeit
und mit unsrer kleinen Kraft
üben gute Ritterschaft.
Erbarm dich, Herr.
Otto Riethmüller
Schlussgebet
Guter Gott,
du hast uns Menschen unterschiedlich geschaffen.
Wir danken dir für die Vielfalt.
Wir danken dir, dass jeder Mensch uns bereichert.
Mache uns offen füreinander.
Dein Sohn Jesus hat für uns gebetet,
dass es uns gelingt, eins zu sein,
einander zu verstehen und anzunehmen.
Sein Wort
gebe uns dazu die Kraft,
es mache uns bereit,
uns immer wieder zu versöhnen.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn. AMEN